pinselfisch - Kunst- & Literaturworkshops für Menschen jeden Alters
Cowboy Klaus und die Rodeo-Rüpel
Tripp, Trapp und Trümmer
Nur Mut, kleiner Luis
Regenwurmtage
Hasenbrote
Rabauken-Reime
Das Ministerium der Buchstaben
…6,7,8, Gute Nacht,
Frerk, du Zwerg
Matti und Sami und die drei größten Fehler des ...
Mein glückliches Leben
Das Schaurige Haus
Adile
Anton taucht ab
Hundewinter
Onkel Montagues Schauergeschichten
Rosie und der Urgroßvater
Ich, Gorilla und der Affenstern
Rabenhaar
Rico, Oskar und die Tieferschatten
Rico, Oskar und die Tieferschatten
Keeper
Lilis Leben eben
Schwester
Total verrückt
Ein Bild von Ivan
Dakota Pink
Das Buch von allen Dingen
Der beste Hund der Welt
Der Mann, der Bäume pflanzte
Ein Zwilling für Leo
Ein Pferd names Milchmann
Eddies erste Lügengeschichte
Neun nackte Nilpferd-Damen
Prinz William, Maximilian Minsky und ich
Schlimmes Ende
So B. it
Winn-Dixie
Wenn Herzen klopfen
Meisterwerk

Weitere Titel und Rezensionen folgen!
Cowboy Klaus und die Rodeo-Rüpel
Eva Muszynski, Karsten Teich (Ill.)
40 S., Tulipan Verlag, 2012

Wer kennt eigentlich Cowboy Klaus, Lisa das Schwein und die Kuh Rosi noch nicht? Alle wichtigen Medien haben berechtigterweise das Loblied auf diese Erstlesereihe von Muszynski und Teich gesungen und seit der Cowboy in der Sendung mit der Maus gesehen werden konnte, ist er vermutlich so bekannt wie das Sandmännchen... nur das diese Geschichten keineswegs müde machen. Es gibt schon eine lange Erfolgsgeschichte der Cowboy-Klaus-Bücher: Cowboy Klaus und sein Schwein Lisa, Cowboy Klaus und der fiese Fränk, Cowboy Klaus und das pupsende Pony, Cowboy Klaus und die harten Hühner, und Cowboy Klaus und Otto der Ochsenfrosch haben schon eine große Fangemeinde erreicht. Im neuen Band von Cowboy Klaus und den Rodeo-Rüpeln geht es um die Geschicklichkeit in den Cowboy-Disziplinen: Reiten von wilden Pferden, Bullenfangen und Hufeisen werfen. Dass dabei rüpelige Cowboys unangenehm auffallen, dass sogar mit fiesen Tricks gearbeitet wird und trotzdem der Gute gewinnt, das freut Leseanfänger beiderlei Geschlechts gleichermaßen. Allerbeste Unterhaltung! Jps


Tripp, Trapp und Trümmer
Daniel Zimakoff
Aus dem Dänischen übersetzt von Christine Heinzius
84 S., Klett Kinderbuch 2012

Christian mit fast 13, Benny mit 11einhalb und Adam mit 9 Jahren werden von ihrem Opa Tripp, Trapp und Trümmer genannt, von ihrem Vater schlichtweg Terrortrio. Nach Bennys Aussage ist Christian superstark aber nicht der Schlauste, Adam sehr mutig und Benny ist für die Ideen zuständig, was ihn durchaus manchmal nervt. In dieser Rollenverteilung versuchen die drei zunächst ihren Appetit auf Eis zu stillen, trotz elterlicher Taschengeldsperre. Dann aber „leihen“ sich kurzerhand das erforderliche Geld und kommen so in einen Strudel kindlicher Beschaffungskriminalität ... Die Verwicklungen, Ideen und Anstrengungen, alles am Ende doch wieder einzurenken, werden immer skurriler, sind aber nicht nur höchst amüsant zu lesen sondern auch von hohem Widererkennungswert. Ein Jungenbuch für männliche Klein-kriminelle ab 8, erfreulicherweise gibt’s bald Serien-Nachschub! JPS


Nur Mut, kleiner Luis
Mario Ramos , Tobias Scheffel (Übers.)
56 S., Moritz Verlag, 2012

Märchenhaftes in die aktuelle Welt übersetzen war schon immer eine der herausragenden Qualitäten von Mario Ramos. Diesmal steht wieder ein Wolf im Mittelpunkt der Geschichte- allerdings ein Kleiner, der zu allem Überfluss auch noch in eine reine Schweinchenklasse gesteckt wird. Und so wird der Fremdling geärgert und gemobbt, dass es so eine Art hat. Bloß der kleine Jojo, der Wölfe sowieso schon immer spannender fand als Schweine, spielt mit Luis und besucht ihn auch zuhause, als Luis wegen Krankheit fehlt. Dort stellt sich dann auch heraus, dass die drei dicken Schweine Luis auf dem Schulweg mehrfach bedroht und sogar angegriffen haben, und dass Luis nun nie wieder zur Schule gehen will. Aber Jojo hat eine gute Idee, wie sie den drei fiesen Schweinen richtig Angst machen können und so ist es endlich vorbei mit der Bedrohung. Freundschaft und Unterstützung trotz Unterschiedlichkeiten ist ein heilsames und tröstliches Fazit dieser Geschichte für Erstleser. Ramos´ bekannt lockere Illustrationen und sein pointierter Text machen das Buch zu einem Lesegenuss mit möglichem Wiedererkennungswert. JPS


Regenwurmtage
Antje Damm
56 S., Moritz Verlag, 2011

Die ersten richtigen Schultage sind schon ziemlich aufregend: obwohl der Weg mit Mama geübt wurde, muss man sich zurechtfinden, und dann wird auch noch ein Junge neben einen gesetzt, wo doch Jungen doof sind. Aus der Sicht von Ida berichtet Antje Damm von ihren eigenen Erlebnissen zu Beginn der Schulzeit und obwohl das schon ein Weilchen her ist, trifft sie doch genau den richtigen Ton. In der Schule riecht es so komisch, die vielen fremden Kinder scheinen sich alle schon zu kennen und zuhause wäre es jetzt bestimmt viel schöner... Wäre da nicht die Sache mit der Regenwurm-Rettung, wegen der die kleine Ida einen Eintrag in ihr Heft bekommt: mehr als 15 Regenwürmer müssen aus Pfützen auf dem Gehweg gerettet werden und zurück auf die Rasenflächen in den Vorgärten, kein Wunder, dass sie deswegen 8 Minuten zu spät kommt. Aber der Sitznachbar sagt, dass er die Rettungsaktion cool findet und beim nächsten Mal mitmachen möchte, und Mama schimpft zuhause nicht, sondern liest Ida ganz viel über Regenwürmer vor. Und es stellt sich heraus, dass doch nicht alle Jungen doof sind; beim nächsten Regenwurmtag bekommt Ida Hilfe von ihrem Sitznachbarn, und zusammen zu spät kommen ist gar nicht so schlimm. Wunderschönes aus der Erstlesereihe beim Moritzverlag! JPS


Hasenbrote
Antje Damm
56 S., Moritz Verlag, 2012
Kinderbuchpreis des Landes Nordrhein-Westfalen 2012

Sagte ich schon, dass mir die gesamte Erst-Lese-Reihe des Moritzverlags außerordentlich gut gefällt? Und Antje Damm ist eine wichtige Bereicherung dieser Reihe, mit „Hasenbrote“ hat sie einen weiteren, herzerfrischenden Buchbetrag geliefert. Da hat sich nämlich Opa Hansel zum Besuch ange-kündigt. Die Vorfreude der Kinder mischt sich mit Mamas Putzattacken, dem Heraussuchen der individuellen Lieblingsspiele der verschiedenen Kinder und dem Chaos, was immer dann ausbricht, wenn schnell noch ein paar letzte Vorbereitungen getroffen werden müssen...Erneut aus der persönlichen Erinnerung und mit liebevollem Blick auf ihre Familie aufgeschrieben, schafft Damm eine große Text-Bild-Dichte, die junge und ältere Leser gleichermaßen entzückt.


Rabauken-Reime
Gerald Jatzek (Text), Andrea Steffen (Illustr.)
61 S., Nilpferd in Residenz, 2011
Österreichischer Kinder- und Jugendbuchpreis 2012

Bei dieser Sammlung von Gerald Jatzeks besten Gedichten kommen liebevolle Rabauken ebenso auf ihre Kosten wie blödelnde Wortnarren, musikalische Rhythmusfanatiker und kritische Philosophen. Der Wiener Autor, Musiker und Journalist, der 2001 den österreichischen Staatspreis für Kinderlyrik erhielt, beherrscht mit Souveränität alle Regeln der hohen Kunst mit wenig Worten viel auszusagen und noch mehr auszulösen. Die Unsinnsgedichte strotzen so vor Sprachspiel und Wortwitz, dass selbst Lyrikmuffel in den Sog der Metrik geraten und unweigerlich weiterreimen werden. Besinnlichere Gedichte wie „Die Zeit“ („Man kann sie vergeuden /man kann sie vergessen,/doch was man versäumt hat,/kann man nicht messen“) gehören inzwischen zu den modernen Klassikern der Kinderlyrik und können zu wertvollen Begleitern durchs Leben werden. Andrea Steffen illustriert nicht nur, sie gestaltet das gesamte Buch zu einem lebensfrohen Gesamtkunstwerk (zumal es zu vielen der Gedichte Vertonungen gibt). NvM


Das Ministerium der Buchstaben
- Operation Alphabet
Al MacCuish (Text)
Luciano Lozano & Jim Bletsas (Ill. und Gestaltung).
Aus dem Engl. von Reinhard Pietsch
61 S., Knesebeck, 2011

Dieses durchgestylte Bilderbuch im Retrolook der 1950er und -60er hat sich in England und den USA bereits als unschlagbare Geheimwaffe im Kampf gegen „Alpha-Beta-Allergie“ bewiesen. An dieser traurigen Krankheit leiden vor allem Jungs wie Charlie Foxtrott, dem die 26 Buchstaben einfach nicht in den Kopf gehen wollen. Aber glücklicherweise weiß die Spezial-Alphabet-Einheit (S.A.E.) des streng geheimen Ministeriums für Buchstaben Abhilfe zu schaffen. Unter Lebensgefahr begibt diese sich zu Charlie und führt eine atemberaubende ABC-Revue auf, in der jeder der 26 Spezialagenten einen Sonderauftritt hat. Kein Wunder also, dass Charlie den Schultest am nächsten Morgen mit Bestnote besteht. Vor allem aber hat er dank Oberst A und seiner heldenhaften Truppe den Schlüssel zur „weiten Welt der Wörter“ entdeckt. Neben einer App bietet die begleitende Internetseite www.ministryofletters.com umfangreiches Material für pädagogisch unbelastete Leseförderung, das weitgehend auch im Deutschen funktioniert. Denn das ist ja das größte Geheimnis des Ministeriums: Wie es aus seinen 26 Mann nicht nur unendlich viele spannende Geschichten zusammenstellt, sondern sogar verschiedene Sprachen bildet... (NvM)


…6,7,8, Gute Nacht,
Michael Roher (Text und Ill.)
24 S., °luftschacht, 2011.

Schwerelos schweben Wildschweine in roten Rüschenröcken, Einrad fahrende Fische oder Elefanten mit Schmetterlingsflügeln über die verträumten Doppelseiten dieser verspielten Gute-Nacht-Gedichte. Dabei halten sich Fantastik und Naturalismus elegant die Waage: Die Tiere erscheinen in anatomisch genauen, schwarz schraffierten Zeichnungen in bester Sachillustrationsmanier; erst die Gesamtkomposition und artfremde Attribute entführen diese Wesen – und mit ihm die Leser – in fremde Gefilde. Dieses ebenso naturgesetzlose wie träumerisch natürlich wirkende Nebeneinander wird durch die Collagetechnik künstlerisch in Szene gesetzt und sprachlich in Reime gebunden. Die Verse strahlen Witz und Geborgenheit aus, und der refrainartige Endreim „Gute Nacht“ verleiht dem Buch eine Einheit, die so leicht wirkt wie die sechs Fäden, an die das lyrische Ich seine „sieben lieben Lieblingsträume“ hängt. NvM


Frerk, du Zwerg
Auswahlliste DJLP 2012
Finn-Ole Heinrich(Text)
Rán Flygenring ( Illustration)
96 S. , Bloomsbury 2011

Was für eine Geschichte!
Frerk ist eher klein und komisch angezogen ist er auch, eigentlich so wie sein Vater. Seine Mutter erlaubt Frerk nicht viel und sein Vater redet nicht viel. Aber eines Tages findet Frerk ein Ei, dass er in seiner Hosentasche ausbrütet. Allerdings schlüpft kein Hund aus, was Frerk sich gewünscht hätte, sondern 5 anarchische Minizwerge. Mit Hilfe dieser völlig wilden Gestalten lernt er nicht nur Zwergisch (Brät, brät), er zieht auch an, was er will, isst Äpfel und Bananen ungeschnippelt und setzt sich gegen Mutter und Vater durch- Zeit wurde es ja. Eine wilde Geschichte voller Lebenslust und unangepasster Energie, aufs schönste untermalt mit den wilden und gegen den Strich gebürsteten Illustrationen von Rán Flygenring. Dieses Buch wird sicher erst von Erwachsenen akzeptiert werden müssen, bevor es nach diesem Umweg bei den Kindern landen kann...„schüttel dich, lach laut, rühr um, geh ab...“ Viel Spaß! JPS.


Matti und Sami und die drei größten Fehler des Universums
Auswahlliste DJLP 2012
Salah Naoura (Text)
142 S. , Beltz & Gelberg 2011

Matti und Sami sind Brüder. Matti, der Ältere, entwickelt die Theorie, dass man möglicherweise Fehler des Universums ausgleichen könnte. Diese Fehler kann man sich so vorstellen, wie kaputte Glühbirnen, die kann man ja schließlich auch auswechseln. Jedenfalls wäre das echt klasse, wenn es funktionieren würde, denn das Universum macht ziemliche Fehler und Matti muss eine Menge ausgleichen. Dass er dabei sehr kreativ vorgeht mag zum Teil auch an seinen finnischen Genen liegen. Denn auch Mattis finnischer Vater, der nur sehr selten überhaupt etwas sagt, wird unter Wodka-Einfluss im Wettstreit mit seinem Bruder sehr kreativ, vor allem beim Erfinden von Geschichten. Leider glaubt Matti zunächst jedes Wort seines Vaters und ist entsprechend enttäuscht, als sich die rosige Zukunft als Lügengebilde herausstellt. Keine Frage, da muss wieder etwas ausge-glichen werden. Mit unglaublicher Dynamik und einer Menge finnischem Humor rast die ganze Sache einem guten Ende entgegen- Hammerlustig und lesenswert! JPS.


Mein glückliches Leben
Auswahlliste DJLP 2012
Rose Lagercrantz (Text)
Eva Eriksson (Illustration)
Aus dem Schwedischen übersetzt von Angelika Kutsch
140 S. , Moritz Verlag 2011

Dunja, genannt Dunne, überbrückt die Zeit bis zum einschlafen nicht mit Schäfchenzählen, das ist langweilig, nein, Dunne zählt ihre glücklichen Momente im Leben. Diese Methode hilft dabei, sich vor Augen zu führen, dass es sie durchaus gibt, diese glücklichen Momente, auch wenn mal nicht alles so toll läuft. Und in Dunnes Leben ist schon einiges schief gelaufen. Aber mit ihrem unerschütterlichen Glauben an das Glück findet sich immer wieder einen Grund für Freude. Dieses Buch werden junge Mädchen, die in die Schule kommen, lieben und die Eltern, die ihnen daraus vorlesen, auch! JPS.


Das Schaurige Haus
Auswahlliste DJLP 2012
Martina Wildner
208 S., Beltz & Gelberg 2012

Zu Martina Wildners schaurigem Haus fühlt man sich sofort hingezogen und vergisst schnell, dass man Leser ist und nicht Besucher - bei Hendrik und Eddi, zwei Thüringer Jungs im Alter von 12 und 6, die es ins Allgäu verschlagen hat. Der Vater hat nur hier eine berufliche Zukunft, die Mutter ist von Anbeginn unglücklich in dem neuen alten Haus. Nicht nur sprachlich ist das tiefste Bayern für alle zunächst eine Herausforderung. Hendrik knüpft zwar zarte Bande zu Ida, was ein wenig zur deutsch-deutschen Verständigung beiträgt. Doch Eddi scheint in einen schaurigen Strudel zu geraten durch ein Geheimnis, das auf dem Haus lastet und es beinahe ächzen lässt. Mysteriöse Erscheinungen, ein mysteriöses Zimmer, jede Menge Nacktschnecken, Nachtwandler, ein Pestkirchlein, Kinder-gräber und ungesühnte Verbrechen. Das hält uns Leser bei der Stange - und wir werden nicht enttäuscht. Bis zum Schluss schaurig und voll glitschiger Schnecken ... MK


Adile
Ein Mädchen aus Istanbul
Anja Tuckermann, Ulrike Barth-Musil
87 S.
Klett Kinderbuch

Pünktlich zum 50jährigen Jubiläum des Anwerbeabkommens mit der Türkei ist 2011 dieses bemerkenswerte Buch zum Thema Migration erschienen-früher sprach man noch von Gastarbeitern.
Aus der Perspektive der kleinen Adile erzählt Anja Tuckermann mit schöner, klarer Sprache von den enormen Schwierigkeiten, die die Umsiedlung in ein fremdes Land mit sich bringt. Sorgfältig recherchiert steht neben den persönlichen Hintergründen der türkischen Familie die sich verändernde politische Stimmung im deutschen Einwanderungsland. Die unterschiedlichen Geschlechterrollen, die auch bei den Kindern wirksam sind, aber auch die individuellen Charakterzüge der Protagonisten kommen im Zuge der Geschichte zur vollen Entfaltung. Die mitfühlende aber nie sentimentale Beschreibung der unterschiedlichen Lebensumstände wird aufs Vorteilhafteste unterstützt durch die an Fotografien orientierte Art der Illustrationen. So verbindet beide ein „sachlicher“ aber durchweg liebevoller Blick. Die Erzählung endet damit, dass Adile sich der Lehrerin in der Schule wegen der Misshandlungen ihres brutalen Vaters anvertraut.
Aber damit ist das Buch noch nicht zu Ende: auf Seite 82 befindet sich ein Kinderfoto von Adile, die es wirklich gibt. Aus ihrer persönlichen Beziehung mit der Autorin und aus gelebter Erfahrung im damaligen Westberlin stammen viele der Informationen im Buch. Wie gut, zu erfahren, dass es Adile gut geht, wie es damals weiterging und wie wichtig es ist, sich nicht unterkriegen zu lassen. Ein Zeitzeugnis aus den 70er Jahren, das vielleicht auch interessant ist für die Kinder der dritten Generation türkischer Migranten in Deutschland. Jps


Anton taucht ab
Milena Baisch
102 S.
Beltz & Gelberg
Auswahlliste DJLP 2011

Anton nennt sich zwar selbst „Starflashman“, liebt aber auch die kuschelige Nähe mit seinen Eltern. Doch nun fährt er in den Ferien mit seinen Großeltern zum campen an einen See. Dort ist er, der sonst seine Tage mit Computerspielen und chatten verbringt, plötzlich mit der wilden Natur konfrontiert: dem See, Fischen und anderen Kindern. Am Anfang entwickelt er aus Angst eine Abneigung gegen all das, doch nach und nach entdeckt er draußen nicht nur eine neue Welt und neue Freunde, sondern auch drinnen eine neue Kraft.
Das Buch führt den Leser in die Zeit zwischen dem nicht mehr Kind und noch nicht erwachsen sein. Antons Gefühle und Erlebnisse, zwischen Wutausbrüchen und Angstgefühlen, werden durch die „jugendliche“ Sprache unterstrichen und zeigen die unausgeglichene Stimmung des Protagonisten einmal mehr: alles schwankt zwischen „stark übertrieben“ und „nicht authentisch“.
Erwähnenswert sind drei gestalterische Besonderheiten:
rechts unten in den rechten Ecken gibt es ein Daumenkino zu entdecken (Nachbasteln ist ne gute Idee), als eine Art „Kapitelüberschriften“ werden die Inhalte durch ein kleines schwarz-weiß Bild vorgestellt, und das (Drucker-)Schwarz sowohl der Typografie als auch der Bilder wurde durch ein sehr dunkles Grün ersetzt, was allerdings meiner Ansicht nach keinerlei Auswirkung auf die Leseerfahrung hat.
Dieses Buch versetzt entweder zurück in die Anfänge der Pubertät oder stellt einen Leidensgenossen vor. Mich regt es zum Nachdenken über eigene Prinzipien und dem Umgang mit dem Neuen an, auf humorvolle Art. Vielleicht eine gute Idee, um sehr junge Nerds (9-13 ) mal vom Computer weg zu locken? JR


Hundewinter
K.A. Nuzum
205 S.
Carlsen Verlag
(Auswahlliste 2011)

Wieder eine Geschichte über den Tod und über Trauerarbeit, aber diesmal ganz anders: das Mädchen Dessa Dean ist traumatisiert, sie musste den Erfrierungs-tod ihrer Mutter miterleben, den sie nicht verhindern konnte. Nun lebt sie alleine mit ihrem Vater, einem Trapper, ein entbehrungsreiches und einsames Leben in der einfachen Holzhütte. Ständig versucht sie, gegen ihre starken Ängste beim Verlassen der Hütte anzukämpfen, möchte ihren Vater bei der Arbeit unter-stützen und vor allem, ihm nicht mehr länger mit ihren Ängsten zur Last fallen. Aber erst ein ebenfalls verletzter Hund schafft es, Dessa zurück ins Leben und auch ihrem Vater wieder näher zu bringen. Die ruhige Art des Erzählens und die atmosphärisch dicht geschilderten Naturszenen geben dem Roman den nötigen Raum für die Schilderung der langsamen Heilung des Mädchens. jps



Onkel Montagues Schauergeschichten
Chris Priestley (Text), David Roberts ( Ill.)
223 S.
Boomsbury Verlag
(Auswahlliste 2011)

Der Junge Edgar besucht während der Schulferien immer wieder gern seinen merkwürdigen Onkel Montague, der in einem noch merkwürdigeren Haus in einem abgelegenen Teil des Waldes wohnt. Schon der Weg dorthin ist nichts für nervenschwache Kreaturen, doch Edgar weiß ja, was er dort will: Onkel Montague kennt eine Menge sehr schauerlicher Geschichten. Immer ranken sich die Geschichten um einen Gegenstand aus dem düsteren Raum, in dem Onkel und Neffe sich treffen, und mit jeder Geschichte werden die furchtbaren Ahnungen spürbarer und der Grusel stärker. Und was hat es mit diesem seltsamen Diener Franz auf sich, der nie zu sehen ist und der außerdem eine Menge viel zu lauter und furchterregender Geräusche von sich gibt? Mit fort-schreitendem Lesen ruscht man selbst immer unruhiger herum, hat man es hier doch mit einer Erzählung à la Edgar Allen Poe zu tun. Der schaurig schöne Gruseleffekt der Geschichten wird durch Roberts schwarz-weiße Federzeich-nungen genial unterstrichen und die Atmosphäre des Grauens zieht einen unnachgiebig in ihren Bann. Ein Muss für Gruselfans! Jps



Rosie und der Urgroßvater
Monika Helfer/Michael Köhlmeier (Text), Barbara Steinitz ( Ill.)
141 S.
Hanser Verlag
(Auswahlliste 2011)

Rosi liebt es, jeden Mittwoch ihren Urgroßvater zu besuchen und mit ihm Geschichten auszutauschen. Sie erzählt Geschichten aus ihrem aktuellen Erlebnisumfeld, der Urgroßvater erzählt Geschichten aus seiner alten Heimat, dem kleinen Ort Hohenems in „Austria Europe“, die er mit ins Amerikanische Exil gebracht hat. Es gibt immer ganz bestimmte Rituale und Abfolgen, die eingehalten werden, zwischen Rosi und ihrem Großvater, um das gegenseitige Erzählen spannend zu halten und sich dabei auch noch ein wenig zu necken. Bei all den Geschichten die der Großvater erzählt kommt es auch immer wieder dazu, das Rosie nachfragt und dabei etwas aus ihrer eigenen Familiengeschichte erfährt. Diese Form des Erzählens und damit des Weitergebens der Familien- geschichten und –Geheimnisse ist wohl das, was alle Kinder der Welt mit ihren Großeltern oder Urgroßeltern teilen, wenn sie sie noch fragen können.
Barbara Steinitz´s beleuchtete Scherenschnitte schaffen eine gestalterische Brücke zwischen der Gegenwart und der Vergangenheit und laden zur Wiederbelebung dieser alten Kunstform ein. Jps



Ich, Gorilla und der Affenstern
Frida Nilsson (Text) , Ulf K. ( Ill.)
164 S.
Gerstenberg Verlag
(Auswahlliste 2011)

Das Mädchen Jonna lebt zusammen mit 50 anderen Waisenkindern in einem Heim, das von der strengen und unfreundlichen Leiterin Gerd schon seit langer Zeit unnachgiebig geführt wird. Eines Tages passiert etwas absolut Unvorhersehbares: Jonna wird von einer Gorillafrau adoptiert.
Natürlich hat sie die allergrößten Ängste, zumal ihr Aaron grade vorher eingeredet hatte, das Gorillas kleine Kinder fräßen. Aber schon nach kurzer Zeit stellt sich heraus, dass Jonna es gar nicht besser hätte treffen können; Gorilla hat nicht nur ein großes Herz sondern auch eine ganz spezielle Vergangenheit...
Die langsame Annäherung der beiden beschreibt auf höchst eindrucksvolle Weise die Erfahrung des Fremdseins und Andersseins. Und hier liegt auch die besondere Qualität dieses Buches: diese Gefühle der Scham, der Angst und des wachsenden Verständnisses für jemanden, den man nach und nach lieb gewinnt, haben viele Kinder schon erlebt. Hier können sie nachlesen und nachfühlen, worauf es im Leben wirklich ankommt.
Ulf K. hat mit seinen Illustrationen sowohl der Gorilla-Dame als auch der kleinen Jonna eine Gestalt verliehen, deren Charme man sich nicht entziehen kann. Der comichafte Zeichenstil spricht Jungen und Mädchen gleichermaßen an und illustriert im besten Wortsinne diese zauberhafte Geschichte. Unbedingt lesen! jps



Rabenhaar
Do van Ranst
127 S.
Carlsen
Auswahlliste DJLP 2009

Bram, der zurückhaltende Ich-Erzähler, trifft wie jedes Jahr in den Sommerfreien seine Freunde in Victors Schuppen. Dorthin ziehen sich die acht Mädchen und Jungen zurück, um einen Plan für ein gemeinsames Spiel zu entwickeln, wie sie das seit Jahren tun. Aber diesmal ist es anders, denn alle spüren, dass es das letzte Mal sein wird, dass sie noch zusammen spielen können. Und daher soll es irgendwie größer, besser und besonders werden. Seit dem letzten Jahr ist auch das Mädchen Fatima, genannt Rabenhaar, Teil der Clique. Allerdings muss sich Rabenhaar mit den andern jetzt heimlich im Schuppen treffen, denn ihr Vater hatte im letzten Jahr ihr Spiel empfindlich gestört und seiner Tochter danach den Umgang mit den Kindern verboten. Da hatten sie „Film“ gespielt, und Rabenhaar war gerade fertig geschminkt für eine Kussszene mit Bram, als ihr Vater hereinplatzte und sie laut schimpfend mitnahm. Und jetzt schlägt Rabenhaar vor, diesmal könne man ja Hochzeit spielen...
Do van Ranst erzählt behutsam die Geschichte einer Kindergruppe am Rand des Erwachsenwerdens, vom Verliebtsein und von kulturellen Unterschieden. Zudem schafft er es wie beiläufig, das Thema Zwangsheirat auf kindgerechte und doch deutliche Art anzusprechen.
Und es gelingt van Ranst, dem Spiel(en) die kreative Kraft der Subversion und des Widerstands zurück zu geben, die es in sich trägt. Im Spiel können alle „so tun, als ob“, dabei Grenzen überschreiten und ausprobieren, wie es sich anfühlt, jemand anderes zu sein. Oder eben auch ganz man selbst. Ein großartiges Buch! jps



Rico, Oskar und die Tieferschatten
Andreas Steinhövel
220 S.
Carlsen Verlag?
Auswahlliste DJLP 2009

„Was soll denn der Schmarren“ meckert Lorenz (Ende vierte Klasse, er muss täglich drei Seiten lesen, um sein Lesevermögen zu verbessern). Eine ecklige, schmierige Nudel, „gefunden“ von Rico, ist für Lorenz der blödsinnige Anfang einer Pflichtlektüre. Aber schon nach wenigen Seiten ist er von der Geschichte gefesselt, will sogar selbst weiter lesen. Lorenz kleiner Bruder, seine Mutter, sogar sein Vater wollen mithören, was der Rico für seltsame, manchmal gruselige Gedanken hat, was der hochbegabte Oskar für ein komisches Kind ist?! Und ist es nicht direkt umgekehrt: Oskar tiefbegabt und Rico hochbegabt? Das Buch hat die ganze Familie in Spannung gehalten.

Andreas Steinhöfel stellt uns in seinem Kinderkrimi zwei Kinder vor, die es im Alltag nicht leicht haben: Rico bezeichnet sich selbst als tiefbegabt und ist ein lebensfroher Schlingel. Für die großen Ferien hat sein Lehrer ihm aufgetragen, ein Computer-Tagebuch zu schreiben. Und Oskar ist eher ein hochbegabtes aber ängstliches Kind. Als in Berlin der Kinderentführer „Mister 2000“ wieder zuschlägt, scheint wenigstens etwas Spannendes zu passieren. Das unterschiedliche Team aus Rico und Oskar begibt sich auf die Suche. Gleichzeitig erfährt man ganz viel über Gefühle und den Beginn einer Freundschaft. Durch die frische, unverblümte Jungensprache ist das Buch lebensnah und aktuell. Wird die Situation bedrohlich, verblüfft der Sprachwitz und Einfallsreichtum der Kinder. „Blutmatsche“, klar das gibt es bei uns jetzt auch, seit wir dieses großartige Buch gelesen haben. Selbstverständlich stehen wir auf der Vormerkliste für das nächste „Rico und Oskar“- Buch in unserer Gemeindebücherei. IP



Rico, Oskar und die Tieferschatten
Andreas Steinhövel
224 S.
Carlsen Verlag 2008

Der 9 jährige Rico muss ein Ferientagebuch schreiben, keine leichte Aufgabe für jemanden, der sich selbst als tiefbegabt bezeichnet. Doch bald hat er viel zu erzählen, denn er lernt Oskar kennen, einen kleinen Jungen, der zwar nie ohne Fahrradhelm aus dem Haus geht, darunter aber ziemlich helle ist. Gemeinsam geraten sie in den Bann des gefährlichen Entführers Mister 2000 und ihre Freundschaft wird auf eine echte Bewährungsprobe gestellt. Aber zwei wie Rico und Oskar, die schaffen das schon!
Wunderbar erzählte Kindergeschichte über die Freundschaft zweier Aussenseiter, die endlich auch mal Jungen begeistern dürfte,
angereichert mit viel Kreuzberger Lokalkolorit.
Berliner Kinder können sich mühelos auf Spurensuche rund um die „Dieffe“ begeben und lernen dabei gleich, mit dem Stadtplan zurechtzukommen, eine Fähigkeit, auf die Rico echt neidisch ist...
Ein Ferientagebuch, selbst erlebt oder selbst ausgedacht, liegt bei diesem Buch einfach auf der Hand. Ebenso wie die Frage nach den persönlichen „Tieferschatten“, die wohl schon jeden heimgesucht haben.
KS



Keeper
Mal Peet
221 S.
Carlsen-Verlag, 2007
Auswahlliste DJLP 2007

Jurybegründung AKJ:
El Gato hat es geschafft: Die Torwartlegende und seine Mannschaft haben die Weltmeisterschaft gewonnen. In einem Interview mit dem Sportjournalisten Paul Faustino erzählt er von seiner Kindheit in einem Arbeiterdorf mitten im südamerikanischen Urwald. Er berichtet von seiner Begegnung mit dem Keeper, einer Erscheinung, die ihm auf einer im Wald verborgenen Lichtung beibringt, worauf es beim Torhüten wirklich ankommt. Doch bis zur Nationalmannschaft ist es ein langer und mühsamer Weg und El Gatos Aufstieg verläuft nicht ohne Verluste. Mal Peet schreibt überaus gefühlvoll und fesselnd. Gekonnte Naturbeschreibungen zeigen die faszinierende Tier- und Pflanzenwelt des Regenwaldes und lassen ihn lebendig werden. So ist diese „Biografie“ nicht nur die Geschichte einer unglaublichen Fußballkarriere, sondern auch ein Buch über die Natur und den Umgang des Menschen mit ihr. Im diffusen Licht des Regenwaldes scheint auch die geheimnisvolle Gestalt des Keepers möglich. Ab 13

Paul Faustino, der wichtigste Fußball-Journalist Südamerikas, interviewt den größten Torhüter der Weltgeschichte, dem das Land seit wenigen Tagen den Weltmeisterschaftspokal verdankt.
Der Torwart erzählt aus seinem Leben: er ist „am Rand der Welt“ in einer rotstaubigen Stadt aufgewachsen, einer Wellblechhütten-Stadt der Holzfäller mitten im Dschungel. Nach der Schule wird auf der Plaza Fußball gespielt, bis es dunkel wird. Alle sind vom Fußball besessen, aber ihn verspottet man als „ la cigüeña “ (der Storch), weil er nur staksig im Weg steht. Also hört er auf mit dem Fußballspielen. Aber aus Langeweile wendet er sich dem unbekannten und bedrohlichen Dschungel zu, der ihn und alles umgibt. Eine unheimliche Anziehungskraft ruft und findet ihn: der Keeper. Nun beginnt ein Fußballtraining der besonderen Art; mitten im Urwald auf einem seltsamen Bolzplatz lernt er alles über Fußball, das Torhüten und seine eigene Psyche. Daneben fordert das harte Holzfällerleben seinen Tribut, aber mit dem Training der Keepers und der Begabung des Jungen wird aus dem Storch am Ende „El Gato“, die Katze.
Als Katze erleben wir den Jungen nun ruhig und konzentriert, umsichtig und vorausschauend in Bezug auf Mitspieler und Gegner.
Wunderbar, wie hier auf Erkenntnisse, Leidenschaften und Aggressionen reagiert wird. Einfach mitreißend!
IP



Lilis Leben eben
Valérie Dayre
121 S.
Carlsen Verlag
DJLP 2006

Jurybegründung AKJ:
Ein Buch wie ein Vexierspiel: Kaum meint man, die ersten verschlungenen Fäden aus Realität und Träumerei, Wahrheit und Erfindung entwirrt zu haben, steht man vor dem nächsten Rätsel. Haben ihre Eltern die 12-jährige Lili auf der Fahrt in die Ferien tatsächlich und mit Bedacht an einer Raststätte zurückgelassen? Oder hat Lili diese Tagebuchgeschichte nur am Urlaubsstrand erfunden? Was ist mit Lili los? Warum drängt es sie fort? Auch die nachfolgenden Ereignisse hängen in einer merkwürdigen Schwebe und geben keine Antwort. Valérie Dayres treffsichere Schilderung typischer Stationen eines Familienurlaubs wird zu einem raffinierten Spiel mit der Fiktion in der Fiktion. Schlüssig erzählt sie auf diese Weise von dem Versuch des Mädchens, sich durch den Schreibprozess mental auf die Trennung von den Eltern vorzubereiten und erwachsen zu werden. Der von Maja von Vogel mit feinem Gespür übersetzte Roman fasst die Befindlichkeiten beim Übergang zur Pubertät in ein irritierend bedrückendes Szenario. Er bietet dem Leser weiten Interpretationsspielraum für seine eigenen ambivalenten Gefühle. Ab 11



Schwester
Jon Fosse u. Aljoscha Blau (Illustr.)
48 S.
Bajazzo Verlag
DJLP 2007

Jurybegründung AKJ:
Wie auf einer Perlenkette reihen sich die Gedanken eines Jungen aneinander. Die kindliche Perspektive erlaubt einen Blick in sein Universum, das wie ein Film an den Lesern vorbeizieht. Staunend und atemlos scheint der Junge seine Umwelt aufzunehmen. Der kindlichen Unbekümmertheit stellt der norwegische Autor Jon Fosse die elterlichen Ängste und Sorgen gegenüber. Die Diskrepanz, die zwischen Kinder- und Erwachsenenwelt sichtbar wird, könnte kaum eindrücklicher beschrieben werden.
Durch seine sprachlich außergewöhnliche Darstellung erobert Fosse im Kinderbuch neue und faszinierende Ausdrucksformen. Die intensiv verdichtete Sprache überträgt Hinrich Schmidt-Henkel auf besondere Weise ins Deutsche. Dem Illustrator Aljoscha Blau gelingt es, den Zauber dieser Kindheitsgeschichte in kühle Landschaftszeichnungen und atmosphärische Szenen zu fassen, die kindliche Verlorenheit und Individualität widerspiegeln. Ab 5



Total verrückt
Jean-Paul Noziere
128 Seiten
Altberliner Verlag GmbH, 2006

Aischa ist 14 Jahre und lebt mit ihre Eltern und ihrem verrückten Bruder in einer französischen Kleinstadt. Vor langer Zeit ist sie mit Mutter und Bruder aus Algerien geflüchtet und zum Vater nach Frankreich nachgekommen. Nun arbeitet die Mutter als Hausmeisterin in einer Schule. Dort, in der Hausmeisterloge, spielen sich weite Teile von Aischas Leben ab: dort muss sie oft auf ihren Bruder aufpassen und dort büffelt sie für ein externes Begabten-Abitur. Und das heimlich, denn auf Grund einer ominösen Krankheit kann Aischa die normale Schule nicht besuchen. Irgendwann beginnt Aischa, ihre Mutter mit Kassettenrecorder und Mikrofon zu Leben und Vergangenheit in Algerien zu interviewen. Diese mutige Vergangenheitsbewältigung setzt Kraft frei und überbrückt innerfamiliere Konflikte, hilft letztendlich beim Bestehen des Abiturs.
Ein außergewöhnliches Buch über die Anstrengung der Integration und die Kraft des Willens.



Ein Bild von Ivan
Paula Fox
122 S.
Boje Verlag 2007
DJLP 2008

Jurybegründung AKJ:
Im Haus, in dem der 11-jährige Ivan lebt, findet sich kein einziges Bild seiner früh verstorbenen Mutter. Im seltsamen Kontrast dazu steht die regelrechte Fotografierwut, die Ivans Vater umtreibt. Der poetische, kurz gefasste, fast komprimiert wirkende Roman der großen amerikanischen Autorin Paula Fox dreht sich leichtfüßig um das Thema Bilder: Um Eigen-Bilder, Fremd-Bilder und Ab-Bilder. Virtuos spielt Fox mit diesem Sujet und zeichnet das eindrückliche Porträt eines Jungen, der kaum Zuwendung und Wärme erfuhr. Als Ivans Vater ein Ölgemälde von seinem Sohn in Auftrag gibt, tritt eine Wende ein. Der Atelierbesuch beim Maler Matt und der lesebesessenen Mrs. Manderby wird für den Jungen zur bedeutsamen Begegnung: Nicht nur mit liebenswerten Anderen, sondern auch mit sich selbst. Das große Schlittenbild, das wie nebenbei beim Porträtieren entsteht, rundet den Text zur Reflexion über Identität und Selbstfindung ab. - Ein großer poetischer Entwurf, der Kindheit zart in Worte gießt und behutsam zu trösten versteht.

Ivans Vater hat ein besonderes Verhältnis zu Bildern; überall im Haus hängen Fotos von Ivan und jetzt soll der Maler Matt auch noch ein Portrait von dem Jungen malen. Der begreift nach und nach den Unterschied zwischen Malerei und Fotografie, er freut sich auf seine Sitzungen bei dem Maler und der Lese- und Vorlese-Begeisterten Miss Manderby, die ihm vorlesen soll, damit Ivan stillsitzt. Nach und nach enthüllt sich Ivans Geschichte, er erfährt mehr über sich selbst, über seinen Vater und warum nirgendwo im Haus ein Bild seiner Mutter zu finden ist. Durch die Treffen mit dem Maler begegnet Ivan sich selbst.



Dakota Pink
Philip Ridley
Fischer Taschenbuch, Frankfurt 1995

Dakota Pink ist ein freches, überaus zielstrebiges Mädchen, dass mit seiner Freundin zusammen dem Geheimnis der schrulligen Medusa und ihrer Diamantengeschmückten Schildkröte auf die Spur kommt. Dabei deckt sie nebenbei noch ein Verbrechen auf und erfährt Einzelheiten über ihre eigene Herkunft. Der Kinderroman ist sparsam comichaft illustriert und eröffnet auch damit viele Möglichkeiten, an denen man anknüpfen kann. Auf der Ebene des Spiels können kriminalistische Fähigkeiten eingeführt werden (natürlich immer mit einer literarischen Wendung), auf der darstellerischen Ebene können die Kinder in die Technik des Comiczeichnens eingeführt werden. Auf diese Weise können wir die Struktur des Krimis und die comichafte Überzeichnung für die kreative Umsetzungen nutzen.
Sehr empfehlenswert!



Das Buch von allen Dingen
Guus Kuijer
93 S.
Oetinger Verlag
Auswahlliste des DJLP 2007

Jurybegründung AKJ:
Das Glück scheint für Thomas sehr weit entfernt zu liegen. Er lebt in einem streng gläubigen Elternhaus, in dem sein gewalttätiger Vater die Familie tyrannisiert. Die Bibel dient ihm als scheinbare Legitimation für seine regelmäßigen Gewaltexzesse. Von der Mutter bekommt Thomas keine Unterstützung; auch sie scheint wehrlos dem Geschehen ausgeliefert zu sein, ebenso wie die Schwester. Doch trotz dieses bedrückenden Familienszenarios gelingt es Guus Kuijer, seine Geschichte mit einem hoffnungsvollen Grundtenor zu unterlegen. Kuijer stellt Thomas nicht nur eine große Portion Phantasie und Vorstellungskraft, sondern auch Personen an die Seite, von denen er Hilfe erfährt. So von seiner Nachbarin, Frau Van Amersfoort, die Thomas nicht nur mit Lesestoff versorgt, sondern auch Zivilcourage beweist. Das behinderte Mädchen Elisa führt ihn auf seinem vorsichtig eingeschlagenen Weg zum Glücklichsein. Sylke Hachmeister hat die berührende Erzählung gelungen ins Deutsche übertragen und dabei den Kuijerschen traurig-komischen Stil wunderbar getroffen. – Ein Buch von allen hoffnungsvollen Dingen. Ab 10



Der beste Hund der Welt
Sharon Creech ,
Fischer Schatzinsel, Frankfurt 2003, 96 S.



Der Mann, der Bäume pflanzte
Jean Giono, Quint Buchholz (Ill.)
Sanssouci Verlag Gebundene Ausgabe 2006,
64 S.



Ein Zwilling für Leo
Sébastien Joanniez, Régis Lejonc (Ill.)
Verlag Beltz & Gelberg, Basel 2006, 80 S.



Ein Pferd names Milchmann
Hilke Rosenboom, Anke Kuhl(Ill.)
Carlsen Verlag, Hamburg2005, 138 S.

Diese wunderbare Pferdegeschichte hat endlich mal einen Jungen als Hauptfigur. Herman, der es liebt, seine Butterbrote mit eingeritzten Zeichnungen oder durch Ausstechen mit Plätzchenformen zu gestalten. Diesem Herman läuft eines Morgens ein Pferd zu. Kein Wunder, dass er davon ein bischen überfordert ist, und erstmal versucht, das große Tier in der Garage zu parken. Aber natürlich ist das keine artgerechte Lösung, das ist auch Herman klar. Überraschender Weise haben plötzlich auch noch andere Menschen in der Stadt ein Pferd zuviel. Und Gottseidank gibt es den alten Feuerbach, der eine Menge über Pferde weiß, und auch über Menschen. Die Geschichte entwickelt eine ganz eigene Dynamik, zeichnet liebevoll skurrile Charaktere und beweist, das ein Pferdebuch auch witzig und intelligent geschrieben sein kann.



Eddies erste Lügengeschichte
Zoran Drvenkar, Kerstin Meyer (Ill.)
Verlag Friedich Oetinger, Hamburg 2000, 63 S.



Neun nackte Nilpferd-Damen
Gerda Anger-Schmidt, Renate Habinger (Ill.)
Verlag NP,St. Pölten 2003, 124 S.



Prinz William, Maximilian
Minsky und ich
Holly-Jane Rahlens,
Rowohlt TB Verlag, 2004, 212 S.



Schlimmes Ende
Philip Ardagh, David Roberts (Ill.)
Verlag Omnibus/Random House 2004, 125 S.



So B. it
Sarah Weeks,
Carl Hanser Verlag 2004, 222 S.

Eines Tages spazieren sie in Bernies Wohnung und auch gleich direkt in ihr Herz: Heidi, damals noch ein Baby, und ihre Mutter. Schnell merkt Bernie, dass die Frau, die als ihren Namen „So B it“ angibt mit dem Leben als solchem und mit der Pflege ihres Kindes insbesondere, restlos überfordert ist. So entsteht eine Art Schicksalsgemeinschaft, denn auch mit Bernie hat es das Leben nicht immer nett gemeint: sie leidet an Agoraphobie und geht nie auf die Straße. Aber je älter Heidi wird, umso dringlicher beschäftigen sie die Fragen nach ihrer Herkunft. Was steckt hinter dem geheimnisvollen Wort „Soof, das ihre Mutter immer benutzt und wer sind die Personen auf den Fotos, die sie eines Tages entdeckt ? Heidi muss sich, gegen die Widerstände von Bernie, auf den Weg machen...
Wissen woher man kommt, der eigenen Identität auf die Spur kommen ist Thema des herausragenden Jugendbuches von Sarah Weeks. Die kleine Welt der scheinbar aus dem Leben Gefallenen wird dabei mit umwerfender Herzenswärme und Humor geschildert. Daher ist es auch ganz klar, woher Heidi ihre Stärke nimmt, um ihr eigenes Leben in die Hand zu nehmen.
Den eigenen Namen auf die Spur kommen, zu gucken, was sie genau bedeuten (gerade türkische Namen haben immer eine bildhafte Bedeutung !) , Eltern zu interviewen, was hinter der Namensgebung steckt, einen eigenen Stammbaum anfertigen oder eine Liste mit wichtigen Dingen erstellen, wie Heidi es tut, um ihr Leben in eine Ordnung zu bringen können Aktionen sein, die die Lektüre des Buches spielerisch unterstützen. K.S.



Winn-Dixie
Kate DiCamillo,
dtv 2001, 140 S.



Wenn Herzen klopfen
(Das Kinderbuch von der Liebe)
Pernilla Stalfelt
Moritz Verlag, 2002, 26 S.

In diesem Buch beleuchtet die Autorin und Illustratorin P.S. die verschiedenen Aspekte der Liebe und ihres Ausdrucks im Bereich dessen, was Kindern bekannt ist. Ich fragte eine junge Dame des passenden Alters (12 Jahre) nach ihrer Meinung. Sie fand es - O-Ton:„gut“ und vermutlich haben ihr die schrägen und schrill gezeichneten Szenen geholfen, die peinlichen Inhalte weniger peinlich zu finden. Das macht es zu einem wichtigen Buch: es schafft eine Ebene, auf der Bilder und Gedanken über die Liebe Platz haben, und noch dazu kann man beiläufig lernen, dass Humor in Liebesangelegenheiten sehr hilfreich sein kann.
Entkrampfend und informativ– O-Ton: „die Kinder wollen ja schließlich auch Bescheid wissen“, könnte ich mir dieses Buch hervorragend besonders in den Zusammenhängen vorstellen, wo „zwangsläufig“ über Liebe geredet wird, also z.B. im Aufklärungsunterricht in der Schule, oder natürlich auch zuhause. Sowohl für zeichnerische Umsetzungen als auch für eine Schreibwerkstatt bietet sich diese Buch an, denn die Künstlerin schafft es, durch ihren Stil in Bild und Wort Nachahmungslust entstehen zu lassen.
Mal einen Liebesbrief zeichnen? Und ihn an das eigene Meerschweinchen richten?
Oder einfach mal alles und alle aufschreiben, was und wen man liebt?
Geht bestimmt auch mit Jugendlichen und Erwachsenen, wenn zum Thema Liebe etwas erarbeitet werden soll. Da sollte man sich vom Untertitel nicht abschrecken lassen. jps



Meisterwerk
Frank Cottrell Boyce
319 S.
Carlsen Verlag
Auswahlliste des DJLP 2007

"Das ist vielleicht ein Buch!"
Der ca. 11 jährige Dylan, einfallsreich und freundlich, der schon mal Frostschutzmittel mit Motoröl verwechselt, erzählt uns, was in dem schiefergrauen Manod und in seiner Familie passiert. Mit Hilfe eines roten, goldverzierten Buches, seiner Datenbank, erfährt man vom stillgelegten Schieferabbaustollen, in dem die Bilder der National Gallery London gelagert werden, natürlich geheim und unbemerkt. Die KFZ Oase von Dylans Dad floriert nicht, und stürzt Dad, der fast alles reparieren kann, in eine Krise, die auch die Familien-Managerin Mum stark mitnimmt. Seine geniale Schwester Mimi plant einen aufregenden Coup, seine schöne Schwester Marie kennt sich mit Technik und Vaters Maschinen am besten aus. Auch Baby Max, der in 7 Jahren bestimmt ein idealer Kickpartner sein wird, spielt eine wichtige Rolle.
Lester, der Abgesandte der National Gallery und Chef der gelagerten Kunstwerke, ist von Dylan und dessen vermeintlichem Kunstverstand sehr beeindruckt. Durch Dylan bekommen die engagierte Schullehrerin, die Kinder und einige Bewohner Manods die (nun nicht mehr) geheimen Bilder zu sehen. Durch das unmittelbare und unbekümmerte Betrachten der Bildwerke entwickeln sich neue Perspektiven in Leben und Wahrnehmung der Protagonisten. Es entstehen spontane, bunten Ideen, bringen neues Leben ins vormalig graue Manod und haben überraschende Auswirkungen auf Mum, den grantigen Metzger und andere Beteiligte. Ein Ort, in dem man -jetzt- auch leben möchte. Ein Buch, das man mit einem Schmunzeln schließt. (IP)

Jurybegründung AKJ:
Im Schlagschatten eines großen Berges leben die Bewohner des walisischen Städtchens Manod. Doch die verträumte Kleinstadt-atmosphäre wird gestört, als die wertvollen Kunstwerke der National Gallery im Bauch des Berges eingelagert werden sollen.
Frank Cottrell Boyce greift diese „wahre“ historische Begebenheit auf, verschiebt sie in die Gegenwart und entwickelt daraus einen fulminant ersonnenen Roman. Dabei zeichnet er ein liebevolles Porträt eines kleinen Tagebuchschreibers und dessen Familie, die den Anforderungen ihres nicht immer einfachen Alltags mit viel Charme und Erfindungsgeist trotzen.
Boyce schafft eine klug erdachte Familiensaga, eine heitere Schelmengeschichte und surft gleichzeitig durch die Kunsthistorie, ironisiert den bildungsbürgerlichen Umgang mit dem wertvollen Erbe. Schwungvoll erzählt, mit Liebe zum Detail und mit viel Humor und literarischem Verstand, schafft der Autor ein wunderbar verregnetes Meisterwerk. Die Übersetzung aus dem Englischen von Salah Naoura lässt das walisische Schiefergrau des Schauplatzes Manod in Sonnenblumengelb leuchten. Ab 11


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